Wölfe schützen und Böcke schießen

Es gibt wieder Wölfe in Deutschland, über 2000 sind es zur Zeit – das weckt Emotionen, genau wie die Frage nach der Jagd, nicht nur des Wolfes, sondern auch der restlichen Fauna. Ich hatte meine eigene Meinung zu dem Thema noch nicht so richtig fertig und ließ mich deshalb kürzlich von der Kreisjägerschaft zu einer PR-Veranstaltung einladen, bei der „interessierte Bürger“ mit einem Jäger in dessen Revier gehen und ansitzen durften. Ich verbrachte also einen kurzweiligen Abend mit einem besonnenen und tierfreundlichen jungen Mann auf dem Hochsitz, der mir meine Fragen zur Jagd beantwortete und dabei durchblicken lies, dass er an vielen Stellen einer Reform des Jagdrechtes gar nicht so abgeneigt wäre (Verbot von Bleischrot, Altersgrenze, regelmäßiger, verpflichtender, unabhängiger Schießnachweis auf bewegte Ziele). Die Jäger sehen sich als Naturschützer und Wahrer eines nur vage festgelegten „Gleichgewichtes“ der Natur und halten ihre tradierte „Tierschutzethik“ hoch – die mir an einigen Stellen aber doch sehr inkonsequent erscheint. Mein persönliches Fazit: Jagd ist ein Hobby, bei dem keineswegs ökologische Beweggründe im Vordergrund stehen – Maßnahmen zur Bestandskontrolle könnten ohne Hobbyjäger mit eigener Agenda womöglich zielführender umgesetzt werden. Man muss die Jagd deshalb nicht komplett verbieten – aber das Jagdrecht gehört dringend reformiert.

Ein „Schmalreh“, also ein junges, weibliches Reh im zweiten Lebensjahr überlebte die Jagdnacht nicht. Während mehrjährige „Ricken“ im Mai nicht grschossen werden dürfen, weil sie ein Kitz führen könnten, dürfen die „Teenager“- ebenso wie die Böcke – ganzjährig geschossen werden.

Wölfe im Anblick

Zurück im eigenen Garten wechselte ich von der Perspektive ÜBER der Wiese wieder in die bodennahe Graswurzelansicht. Dabei ist die Chance auf Wolfs- und Rehwildsichtungen (dem „Anblick“ in der Jägersprache) gleich null, trotzdem traf ich auf der Pirsch auf Wölfe und Böcke:

Verschiedene „Wolfsspinnen“ (Lycosidae) sonnten sich nach den regenreichen Tagen in der Krautschicht. Wolfsspinnen sind Raubtiere, die sich auf die Lauer legen und warten, bis ein Beutetier in Reichweite kommt. Dazu bauen einige Arten sogar einen „Hochsitz“ aus Blättern, Zweigen und Spinnenseide- auf ein Fangnetz verzichten diese Spinnen aber. Nähert sich Beute, schlagen sie blitzschnell zu. Wie die Springspinnen benötigen sie dazu gute Augen. Was dem Jäger sein Zielfernrohr, sind der Wolfsspinne acht Augen mit unterschiedlichen Aufgaben! Auch andere Spinnen haben meistens acht Augen, allerdings sehen sie oft nicht besonders gut damit.

Ein Treffen unter 10 Augen

An Wolfsspinnen haben Forscher die Funktion der einzelnen Augenpaare überprüft. Sie werden nicht nur zum Fixieren der Beute (mittleres, frontales Augenpaar) genutzt, sondern auch zur eigenen Orientierung. Das obere und das untere mittige Augenpaar können polarisiertes Licht „auslesen“ und nutzen dieses als Kompass, um nach der Jagd auf schnellstem Weg nachhause in die Wohnröhre zu kommen. Die Seitenaugen vergrößern das Gesichtsfeld – denn die Spinne kann den „Kopf“ nicht drehen – sondern muss jeweils den ganzen Körper neu ausrichten. Die unteren, mittigen Augen dienen der Berechnung von Entfernungen, wie die Forscher zeigen konnten, indem sie die Augen mit einer (wasserlöslichen) Farbe bemalten und die Spinnen dann weiter beobachteten.Wolfsspinnen sind auch wegen ihrer Brutpflege interessant: Die Weibchen schleppen zunächst den Kokon mit etwa 60 Eiern mit sich herum. Nach dem Schlupf klettert ihre Kinderschar auf ihren Rücken und hält sich dort einige Tage fest, bis die Jungspinnen sich auf eigenen Beinen in die Wildnis meines Gartens wagen…

Die Wiesen-Scheintarantel, auch dunkle Pantherspinne (Alopecosa pulverulenta) gehört zu den Scheintaranteln – eine große Gattung der Wolfsspinnen. Im Englischen heißen sie übrigens „Fox-Spiders“.
Eine andere große Gattung der Wolfsspinnen wird als Laufwölfe (Pardosa) bezeichnet. Dieses Exemplar konnte ich nicht näher bestimmen: Pardosa spec.Wolfsspinne, unbestimmt.

Das hier könnte die umherstreifende Wolfsspinne (Pardosa prativaga) sein, sagt zumindest die KI.

Böcke

Ein Weberbock – allerdings nicht in meinem sondern in Lindas Garten, in Schweden.

Neben den Wölfen krabbelten mir auch einige Böcke vor die Linse: Bockkäfer gibt es zigtausend weltweit, und immerhin 200 verschiedene in Deutschland. Einige sind inzwischen selten, wie der stattliche Weberbock, den ich im geliehenen Garten in Schweden fotografiert habe. Bockkäfer tragen ihre langen, gegliederten Fühler gebogen wie das Gehörn eines Steinbocks – daher ihr Name. Die meisten legen ihre Larven in Holz, einige sind bedeutsame Schädlinge.

Dieser Blauviolette Scheibenbock (Callidium violaceum), und der imposante Weberbock oben (Lamia textor) lebten im Holzschuppen des schwedischen Ferienhaus. Ersterer braucht Nadelholz zur Entwicklung, letzterer Pappeln oder Weiden.

Nur 6 mm lang ist der urig aussehende Dornige Wimpernbock (Pogonocherus hispidus).
Ein Echter Widderbock, auch Wespenbock genannt (Clytus arietis) ruht sich auf der Glasscheibe des Tomatenhäuschens aus. Erwachsene Tiere besuchen Blüten, die Larven entwickeln sich im Holz verschiedener Laubbäume.

Der mattschwarze Blütenbock (Grammoptera ruficornis) auf den Blüten des Apfelbaumes. Die Larven entwickeln sich ebenfalls in verschiedenen Laubholzarten.

Ansitzen im eigenen Garten

Bei der Jagdnacht habe ich gelernt, dass von 20 Ansitzen nur einer zum Abschuss führt, die meisten Jäger betrachten schon den Aufenthalt im Versteck in der Natur als Entspannung. Gleichzeitig gibt es verschiedene Möglichkeiten die Effizienz des Wartens zu erhöhen, zum Beispiel mit Lockstoffen, die das Wild anziehen. Wildschweine lockt man mit Buchenpech, aber die kann ich im Garten so gar nicht brauchen. Auch nachtaktive Insekten lassen sich aus ihren Verstecken locken, wenn ihnen etwas geboten wird. Licht zum Beispiel. Und so ließ ich die alte Stehlampe auf dem Rasen leuchten und beobachtete, was sich in einer (allerdings recht feucht-kalten) Mainacht dort sammelte.

Ein Feldmaikäfer am Tulpenbaum.


Maifliegen und Maikäfer

Die Ausbeute war überschaubar. Neben einem einzelnen Maikäfer mit verbesserungswürdigen Flugfähigkeiten fand ich nur wenige Millimeter kleine „Fliegen“, die sich mit Hilfe des Makros als „Wimpernhafte“ identifizieren ließen, vielleicht Caenis horaria (wobei es neun sehr ähnliche Arten gibt). Sie gehören zu den Eintags- oder auch Maifliegen, sind also mit „richtigen“ Fliegen nicht näher verwandt. Das sieht man unter anderem an ihrer Entwicklung, die hemimetabol verläuft – also über mehrere Larvenstadien wie bei den Libellen anstatt einer einzige „Komplettverwandlung“ mit Maden und Puppenstadium wie bei den Fliegen. Mit den Libellen teilen sie auch den Lebensraum der Larven: Sie schlüpfen und entwickeln sich im Wasser. Dort leben sie allerdings vegetarisch und nicht als Räuber (wie die Libellenlarven). Ich wollte sie in ihrem kurzen Zeitfenster zur Fortpflanzung nicht weiter aufhalten, knipste die Locklampe aus und „baumte ab“ in diesem Fall nur von der Terrasse. Mit dem rein digitalen Abschuss meiner Gartenbewohner war ich dabei vollkommen zufrieden..

Eintagsfliege, auch Maifliege (Caenis horaria)


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