Mitbewohner des Monats: Erdkröte

Beim Unkrautjähten (doch – manchmal rupfe ich auch allzu übergriffige Gewächse aus…) raschelte es im trockenen Laub neben mir. Da ich ohnehin auf den Knien lag, konnte ich diese goldäugige Mitbewohnerin quasi auf Augenhöhe ablichten. Erdkröten wandern im zeitigen Frühjahr zu ihren Laichplätzen, und da unser Garten dazu derzeit keine Gelegenheit bietet, war Eulalia wohl nur auf der Durchreise.

Auf Geschäftsreise

Während des unfreiwilligen Fotoshootings drückte sie sich unauffällig ins Laub, schien aber nicht weiter besorgt über meine interessierte Anwesenheit. Menschen fressen keine Kröten – es wäre auch lebensgefährlich. Die Amphibien bilden in Wehrdrüsen ihrer warzigen Haut nämlich einen recht beeindruckenden Giftcocktail. Besonders effektiv sind dabei herzaktive Steroide – ähnlich denen, welche die Fingerhutpflanze direkt neben dem Krötenrastplatz produziert. Bufotoxine wirken auf den Herzmuskel und andere Muskelgruppen und können – wenn man sie tatsächlich isst- auch für Menschen lebensgefährlich sein. Außerdem wurden verschiedene Neurotransmitter und teilweise halluzinogene Inhaltsstoffe im Krötensekret nachgewiesen – und es scheint tatsächlich Menschen zu geben, die Kröten als Rauschmittel auslutschen. (Vielleicht kommt daher die Geschichte mit dem Frosch und dem Prinzen. Krötenknutschen wär dann sozusagen „Schönsaufen“ für Fortgeschrittene.)

Zum Vergleich: Das ist ein Grasfrosch-Pärchen. Ich traf es in Hemmerde an einem Bach.

Schimpfende Männer

Krötenmännchen geben sich allerdings große Mühe, fehlgeleiteten Verehrern ihre Verwechslung vor Augen zu führen: Klammert ein Krötenmännchen irrtümlich ein anderes Männchen (anstatt wie vorgesehen die größeren Weibchen), stößt dieses jämmerliche Befreiungsschreie aus. Davon konnten wir uns bei unserer Osterferien-Krötenrettungsaktion überzeugen: Um die Männchen zu bestimmen reicht es, selbige hinter den Vorderbeinen zu packen – sie fangen umgehend an zu motzen. Weibchen hängen gelassen im Klammergriff – sie sind es gewohnt, ihre Männer schlimmstenfalls noch hunderte von Metern ins Wasser schleppen zu müssen. Dort legen sie dann die bis zu 6000 Eier ab, die sie auch noch herumtragen, der Kerl steuert ein bisschen Sperma bei und steigt endlich ab.

„Ök, ök, ök,“ (etwa: „Runter von mir, Du Schwuchtel!“) ruft das Erdkröten-Männchen, wenn es von hinten geklammert wird.

Falls Mutter Kröte sich anschließend einen saftigen Regenwurm gönnt, zieht sie ihn erst durch die „Finger“ um ihn vom Dreck zu reinigen. Offenbar mögen Erdkröten keine Erde im Maul.

Auch im Eimer ließ er die Erwählte nicht los. Es gibt viel weniger Weibchen als Männchen – wer eine erwischt, klammert so fest es geht.

Wir befreiten an zwei Tagen 10 Erdkröten aus ihren Eimern hinter dem lebensrettenden Krötenzaun und entließen die Tiere am Laichgewässer in die Freiheit. Eulalia aus meinem Garten dagegen muss ihren Weg allein finden, ich hoffe, der Nachbarsteich reicht ihr. Vielleicht treffen wir uns einmal wieder, bei mir kann man prima überwintern und in Gefangenschaft werden Erdkröten über 30 Jahre alt. Schon bis zur Geschlechtsreife können 5 Jahre vergehen. Das Durchschnittsalter dürfte allerdings viel geringer sein: Von den 6000 Eiern schaffen es nur wenige auf ihre erste Wanderung zu den Laichplätzen, trotz der Giftigkeit. Wer soweit gekommen ist, sollte nicht unter einem Reifen enden. Dafür haben wir gern in der Abenddämmerung motzenden Krötenmännern und schwangeren Giftschleudern über die Straße geholfen.

Am Speckenhof in Bönen rettet ein Krötenzaun hunderten Amphiebien das Leben.

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